INVESTIGADORES
CABRERA Celia Olga
congresos y reuniones científicas
Título:
Edmund Husserls intentionale Analyse der Werterfahrung: Eine Auseinandersetzung mir der Struktur der Gemütserlebnisse und ihrer Bedeutung im Kontext der Husserlschen Ethik
Autor/es:
CABRERA CELIA
Lugar:
Osnabrück
Reunión:
Workshop; Encuentro de becarios del Stipendienwerk Lateinamerika - Deutschland; 2018
Institución organizadora:
Stipendienwerk Lateinamerika-Deutschland
Resumen:
Im vorliegenden Vortrag geht es um Edmund Husserls (1859-1938) intentionale Analyse der wertenden Gemütserlebnisse und ihrer Bedeutung im Kontext seiner ethischen Theorie. Schon in seinen Göttinger Jahren (1901-1916) hat sich Husserl mit der Analyse des Gemütslebens beschäftigt. Er entwickelt eine Untersuchung des Phänomens der Alltagserfahrung, nach der Dinge nicht nur auf rein sachliche Bestimmungen, sondern auch auf Wert- und Sinnesbestimmungen zurückzuführen sind. Ausgangspunkt der Analyse ist die in der fünften und in der sechsten seiner Logischen Untersuchungen (1900-01) entwickelte Lehre, bei der er den Versuch einer Klassifizierung der Akten vornimmt. Einer der Schwerpunkte seiner Untersuchung liegt in der Unterscheidung zwischen intentionalen und nicht intentionalen Gemütserlebnissen. Darüber hinaus reduziert er in einer kritischen Auseinandersetzung mit Brentano dessen drei Aktklassen -Vorstellungen, Urteile und Akten des Liebens und Hassens - auf zwei Klassen: die der Verstandesakte und die der Gemütsakte, die die wertenden Gefühlsakte und die Willensakte umfassen. Außerdem unterzieht er Brentanos Lehre von der Vorstellung als Grundlage aller Akte einer Kritik. Ergebnis dieser kritischen Analyse ist die These, dass jedes intentionale Erlebnis entweder ein objektivierender Akt ist oder einen objektivierenden Akt als Grundlage hat. Objektivierende Akte sind Vorstellungen und Urteilsakte, d.h. gegenstandsgebende Akte. Nicht-objektivierende Akte sind die Gemütsakte, die ihr gegenständliches Gerichtetsein den Akten der ersten Klasse verdanken. Die höchste Stufe des Aktganzes bestimmt den Akttyp: sei es ein wertender Akt, ein Willensakt oder ein rein objektivierender Akt. Obwohl eine wertfreie Erfahrung in Prinzip denkbar ist, ist ein bloß objektivierender Akt laut Husserl nur eine Abstraktion. Beim Erklären des ursprünglich wertenden-praktischen Umgangs mit der Welt schreibt Husserl in einem anderen Text: ?Alles was schon ist, berührt das Gefühl, alles Seiende wird in Wert-apperzeptionen apperzipiert und weckt damit begehrende Stellungnahmen, unerfüllte oder erfüllte; in eins damit geweckt Handlungen, darauf gerichtet, Werte zu erhalten, bereitzustellen, höhere Werte zu gestalten aus niederen Werten? (Hua XV, 404-405). Die Darstellung der LU zu diesem Thema wirft wichtige Fragen auf: welche der echte Sinn der Intentionalität der Gemütserlebnisse ist und, ob man überhaupt Gemütserlebnisse eine konstitutive Bedeutung zuschreiben kann. Das Verhältnis zwischen der Intentionalität beider Aktarten und die ?schwache? Leistungskraft von Gemütsakte scheint Husserl immer noch unschlüssig. Um diese Frage eindeutig zu beantworten, bedarf es seiner Meinung nach ?eingehende[r] Analysen? (Hua XIX/I, 410). Husserls Bemühen, die intentionale Struktur der Gemütsakte und das Verhältnis von Gemüts- und Verstandesakten zu erklären, wurde in zahlreichen zu jener Zeit entstandenen Manuskripten und in seinen Vorlesungen über Ethik und Axiologie von 1908-1914 wieder aufgenommen. Im Rahmen der phänomenologischen Ethik spielt die Analyse dieses Themas eine grundlegende Rolle. Es steht für Husserl außer Zweifel, dass das ethische Wollen und Handeln immer durch Gefühle bestimmt ist. Er schreibt: ?Ich kann nichts begehren und nichts wollen, ohne dazu durch etwas bestimmt zu sein, nämlich bestimmt durch ein vorausgehendes Werten? (Hua XXXVII, 81-82). Aus diesem Grund darf sich die wissenschaftliche Grundlegung der Ethik nicht auf intellektuelle Erkenntnisse beschränken. Alle echten ethischen Untersuchungen müssen von einer phänomenologischen Aufklärung der Grundbegriffe der Ethik ausgehen und eine solche Aufklärung soll laut Husserl durch eine deskriptive Analyse der Akte des Wertens und Wollens durchgeführt werden. Diese Idee einer ?Ethik von Unten? (Hua XXVIII, 414) vertrat er bereits in seiner Vorlesung Grundfragen der Ethik aus den Jahren 1902/03. Fundament der Analysen der wertenden Gemütserlebnisse in Husserls ethischen Vorlesungen von 1908-14 ist die Analogie zwischen Logik und Ethik, die im Parallelismus der logisch-theoretischen und axiologisch-praktischen Vernunft beruht. Im Fokus der Vorlesungen steht, den eigentümlicher Charakter der Rechtfertigung und Evidenz in Werten, Wollen und Handeln genau zu verstehen. An dieser Stelle muss besonders betont werden, dass das oben erwähnte ungeklärte Verhältnis zwischen intellektiven Vorstellungsakten und Gemütsakten Husserls Verständnis des Verhältnisses zwischen beiden Seiten der Vernunft prägt. Allgemein genommen geht es um die Frage, ob man von einer selbständigen axiologisch-praktischen Vernunft sprechen darf, die nicht nur ein Anwendungsgebiet der logisch-theoretischer Vernunft darstellt. Husserl weist darauf hin, dass die wertende und praktische Vernunft ?sozusagen stumm und in gewisser Weise blind ? (Hua XXVIII, 68). Bloß wertende Vernunft objektiviert nicht, d.h. sie ?sieht nicht, begreift nicht, expliziert nicht, prädiziert nicht? (Ebd. 69). Deshalb braucht sie Akte der logischen Sphäre, um das, was in ihr verborgen ist, sichtbar zu machen. Das kann jedoch nicht bedeuten, dass Gemütsfunktionen auf Erkenntnisfunktionen reduzierbar sind. Dagegen hält Husserl noch an seiner Meinung fest, dass Gemütsbestimmungen nur in Gemütsakten erfahren werden können und theoretische Erkenntnis an sich nie zu Werten führt. Demzufolge sind die Fragen, die er als ?dunkelster Weltteil der Erkenntnis? (Hua XXVIII, 255) gekennzeichnet hat: Wie ist das ?Sichrichten? der Wertung in Bezug auf die Objektivierung des Verstandes zu verstehen? Welche ist ihre Funktion und ihre eigene Leistung? Was erscheint ursprünglich in Gemütsakten? Diese sind die Hauptprobleme, mit denen wir uns in unserer Untersuchung befassen werden. Die Relevanz dieser Forschung besteht darin, dass sie grundlegende Probleme behandelt, die mit der Konzeption der Vernunft und des ethischen Lebens eng verbunden sind. Damit wird gemeint, dass die Beantwortung auf die o. e. Fragen Husserls Projekt betrifft, eine einheitliche Theorie der Vernunft zu entwerfen, die alle Disziplinen und ihre Aktarten (logische aber auch wertende, praktische und ästhetische) umfasst und gleichzeitig, die Differenzierung voneinander behält. Husserls Konzeption einer einzigen (d.h. nicht geteilten) Vernunft mit verschiedenen wesentlichen Seiten ist von einem ethischen Standpunkt aus sehr bedeutend: Von der Möglichkeit, das Verhältnis und die Unterscheidung zwischen wertenden- und Verstandesakten (und folglich zwischen axiologischer und theoretischer Vernunft) zu erklären, hängt die Möglichkeit ab, eine Zwischensstellung einzunehmen, zwischen Intellektualismus einerseits und Emotionalismus andererseits, so die Absicht Husserls. Husserl übt eine starke Kritik sowohl an der intellektualistischen Ethik, die alle Vernunft in der emotionalen Sphäre ablehnt, als auch an der emotionalistischen Ethik, die die logischer Vernunft in eine emotionale umdeutet. In diesem letzten Sinn kritisiert er die Theorien Rickerts und Windelbands, in denen die von der Tradition missachtete axiologische Vernunft in übertriebener Weise aufkommt (vgl. Hua XXVIII, 62). Über die historische Auseinandersetzung zwischen Verstandes- und Gefühlsmoralisten hinaus vertritt er, sich dabei Kant aber auch Hume widersetzend, die Idee eines Parallelismus der Vernunftarten und die "Wesensverflechtung" von Gemütsbewusstsein und Intellekt. Diese Verflechtung ist laut Husserl "kein zufälliges Faktum, sondern eine im Wesen der Gemütsfunktionen, zumal wenn sie Wertobjektivität konstituieren sollen, liegende Notwendigkeit" (Hua XXVIII, 252). In diesem Kontext soll unsere Forschungsarbeit eine Antwort auf die dargestellten Fragen bieten, die Husserls Konzeption der Werterfahrung verdeutlicht und die Möglichkeit eine Ethik analysiert, die die Bedeutsamkeit des emotionalen Lebens hervorhebt, ohne den Vernunftanspruch auszuschließen.