Die Fortentwicklung von Hegels Theorie der Anschauung in den drei Fassungen der Enzyklopädie

FERREIRO, HÉCTOR

Tampere

Congreso; 32. Internationaler Hegel-Kongress der Internationalen Hegel-Gesellschaft; 2018

University of Tampere

Bis zur Heidelberger Enzyklopädie sind die drei Formen des theoretischen Geistes das Gefühl, die Vorstellung und das Denken; ab der zweiten Ausgabe der Enzyklopädie ändert Hegel das erste Extrem der Aufteilung: Die drei Formen der Intelligenz sind nun die Anschauung, die Vorstellung und das Denken. Die Veränderungen, die Hegel an den verschiedenen Darstellungen dieses Teils seiner Philosophie des subjektiven Geistes vornimmt, sind nicht eine bloße Verlegung einer kognitiven Tätigkeit von einer subjektiven Form auf eine andere, sondern eine wichtige Modifikation seiner Theorie der Anschauung. Die Abweichungen der zweiten Ausgabe der Enzyklopädie gegenüber der ersten bezüglich der Sequenz der Tätigkeiten von der Aufmerksamkeit bis zum Einsetzen des Vorstellungsbegriffs sind ein Versuch Hegels, die einseitige Charakterisierung der Anschauung in der Heidelberger Enzyklopädie zu korrigieren. Hegel versucht in der Enzyklopädie von 1827 eine Theorie zu entwickeln, die imstande ist, die verschiedenen Aspekte des Anschauungsakts zu integrieren. Dafür bearbeitet er die Schwachstellen der ersten Enzyklopädie, in der er in der Anschauung vorwiegend die anfängliche Verinnerlichung des Geistes hervorgehoben hatte. Die Charakterisierung der Anschauung in der Enzyklopädie von 1827 ist aber nicht weniger einseitig als die der ersten Ausgabe. Hegel betont hier nämlich die Äußerlichkeit des Angeschauten gegenüber seines Reflektiertseins. Die neue Theorie ersetzt insofern eine Einseitigkeit durch eine andere. Hegel unternimmt in der letzten Ausgabe der Enzyklopädie noch einmal eine tiefgreifende Neubearbeitung der Paragraphen, die die verschiedenen theoretischen Akte vom Gefühl bis zur Entstehung des Vorstellungsbegriffs thematisieren. Die Veränderungen der dritten Fassung der Enzyklopädie beabsichtigen eine Theorie zu entwickeln, die die verschiedenen Aspekte der Anschauung harmonisiert. Hegels Bearbeitungen in den drei Ausgaben der Enzyklopädie lassen sich daher als eine Korrektur und eine Vertiefung einer einzigen Theorie über die Anschauung interpretieren. Die letzte Auffassung ist es demnach, die die Unstimmigkeiten der beiden ersten Auffassungen löst und insofern die plausibelste und kohärenteste im »System« des subjektiven Geistes anbietet.