Die Fortentwicklung von Hegels Theorie der Anschauung in den drei Fassungen der Enzyklopädie

FERREIRO, HÉCTOR

Hegel-Jahrbuch

DeGruyter

Lugar: Berlín; Año: 2021 vol. 12

0073-1579

Die Anschauung weist eine innerliche Doppelstruktur auf. Zwar achtet schon die Enzyklopädie von 1817 auf beide Dimensionen der Anschauung, bevorzugt aber die erste von ihnen, d. h. die Allgemeinheit des Angeschauten und die konkrete Reflexion des anschauenden Subjekts. Die Anschauung wird demgemäß in die Form der Vorstellung als ihr erstes Moment verlegt. Ab der Enzyklopädie von 1827 favorisiert Hegel hingegen die immer noch abstrakte Äußerlichkeit des Angeschauten und verlegt sie dementsprechend auf die erste Form des theoretischen Geistes. Indem die Anschauung in der Enzyklopädie von 1830 als die Einheit der zwei Halbmomente der Diremtion betrachtet wird, wird ihre konstitutive Dualität und damit die Einseitigkeit der Theorie der Anschauung der vorhergehenden Ausgaben gelöst. In der letzten Enzyklopädie erkennt Hegel die spezifische Allgemeinheit des angeschauten Objekts und die konkrete Subjektivität des anschauenden Geistes an, aber betont zu gleicher Zeit das Anderssein des einzelnen Objekts und das noch nicht überwundene Ansichsein des Geistes in der Form der Anschauung. Was die Reflexion, die die Anschauung impliziert, anbelangt, integriert Hegel in der Enzyklopädie von 1830 den Standpunkt der Heidelberger Enzyklopädie; was aber die Einordnung des Anschauungsakts unter die subjektiven Formen und was seine Rolle im System des theoretischen Geistes betrifft, bleibt er bei der von der Enzyklopädie von 1827 eingeschlagenen Richtung.